(Nerven)Probezeit, wir sind bereit

Schluß mit Nervenschonung, heute schaltet der Alterungsprozess wieder zwei bis drei Gänge hoch. Blutdruck, Herzfrequenz, Atmung: Alles, was in den vergangenen sechs Wochen so angenehm normal und tiefenentspannt vor sich hin funktionierte, steht ab sofort wieder auf dem Prüfstand. Wie belastbar ist er noch, der Körper, der Geist Jahrgang 1982? Eintracht Frankfurt zwingt beides in wenigen Stunden hinein in den Belastungstest. Der Preis für das leidenschaftliche Fan-Dasein, es sind genau diese Automatismen, diese Mechanismen der Gefühlswelt.

Abgezockter sind da die Kicker selbst. Die machen sich keine Platte, spielen ihren Stiefel runter und gucken, was am Ende rauskommt. Offensiv Hurra, defensiv auweia – mal klappts, mal nicht, so what? Gut, entspannt wäre der Fan nach zwei, drei Annums (lateinischer Plural von Jahren?) als Gehaltsbezieher wohl auch, wüsste er doch, dass man dann nicht mehr so wirklich viel schaffen muss im Leben.

So sitzen wir also heute Nachmittag gebannt und angespannt im Stadion oder vor dem Fernseher, harren ungeduldig der Dinge, die da kommen. Immer in der Hoffnung, dass die Eintracht das bessere Ende für sich hat. Denn dann geht es uns besser, unser Gefühl für das Restwochenende ist ein erquicktes. Wieso auch immer das so ist, die Ergebnisse haben ja so gar keien Auswirkung auf das eigene Leben. Und doch fiebern wir, bangen wir, schimpfen und frohlocken wir.

Herrschaften, bei allem was Fehl läuft in und bei diesem unserem Klub: Wir leben noch, haben Emotion, Gefühl, es geht noch richtig um etwas. Wir können die Illusion noch leben, uns die Bedeutung noch einreden. Schaut an was die Bayern aus München haben. Für die ist Bundesliga nichts als lästige Pflicht, März oder April als Meisterfeier-Monat, darum geht es dort. Bayern München ist langweilig wie Radfahren (jo mei, sie ham einmal verloren, big whup!), wie eine Bergetappe auf der Tour de France. Es geht kilometerlang durchs Flachland, um irgendwann Ende April und im Mai die vier Spiele (Halbfinals und das Endspiel in der Champions League sowie DFB-Pokal) zu absolvieren, die man eigentlich ausschließlich absolvieren will. Ein Abo auf Titel, was gibt es langweiligeres? Ist das Wettkampf, ist das Sport? Mir jedenfalls ist ein SC Freiburg, herrje, selbst ein VfB Stuttgart und SC Paderborn viel näher als Bayern München oder leblose Gebilde wie Wolfsburg (30 Millionen Euro aus der Lameng ausgeben, jawoll!), Männerspielplatz-Wiesen á la Hoppenheim, oder Werbe-Vehikel wie Leipzig.

Eintracht Frankfurt, Leute, hat so viele Fehler wie normale Menschen. Das macht diesen Klub doch sympathisch. Und wenn die 11 bis 14 aufgestellten in ihren heute wohl weißen Trikots einen Sieg im Breisgau einfahren sollten, habe ich sie gleich nochmal um einiges lieber. Bei einem Punkt grantele und hadere ich, lege die Finger in die Ambitions-Wunde. Und bei einer Niederlage, da regnet es dann Spott.
Aber so ist das eben, wenn Emotionen im Spiel sind. Analysen gibts nach der Abkühlung eine paar Stunden später. Jetzt erstmal den Belastungstest überstehen. Ich hab sowas von keine Lust – aber die Flamme geht 1000%ig ab spätestens 14.30 Uhr, 15 Uhr an.

10 Kommentare

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10 Antworten zu “(Nerven)Probezeit, wir sind bereit

  1. Olli

    Wow, dass war ja mal eines 6-platzierten sehr würdig. So macht man in ein paar Tagen auch sicherlich die Wolfsburger platt.
    Freue mich schon tierisch drauf, dass ich für nächsten Sonntag ne Karte für die Gäste-Stehplätze in Augsburg habe ….

    • „Ich mag Spieler, die sich hohe Ziele setzen“ (Thomas Schaaf am Freitag).

      • Olli

        Ich mag vor allem Spieler, die entweder den Mund nicht voller nehmen als es die Füße zulassen, oder sich entsprechend den Arsch aufreißen um es umzusetzen.
        Das Zambrano das Zeug hat international zu spielen – bei uns oder wem auch immer – sind wir uns wohl einig. Nur verunsichert er damit die Mannschaft. Beim Basti …. der liefert Spiele ab, da soll er froh sein, wenn die SGE ihm überhaupt ein Angebot über einen neuen Vertrag vorlegt.

      • Sie können aber nicht mehr als das da. Im Reden sind sie besser als beim arbeiten. Wir haben es doch gesehen, 4 Dinger gegen den 18. – da muss man über nix anderes sprechen als über (Arbeits)Einstellung , über Fleiß, Willen, dann erst über Können.

  2. Florian

    Ich hätte gerne noch vier Wochen Winterpause. 😦

  3. Jermaine Jones Junior

    Das mag ja makaber klingen vllt auch anmaßend, aber wenn Freiburg heute aus irgendetwas Kraft schöpfen sollte, die sie wiederum in einen Widerstandswillen umsetzen wie gestern Wolfsburg gegen Bayern, dann gute Nacht!

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