Das große Aufatmen

Ende Mai nahm ich an einem Medien-Kongress teil. Wie alles in den vergangenen drei Monaten eine Online- statt Präsenz-Veranstaltung; also alles schein-spannend und ohne das, was Kongresse, Konferenzen – ach, was das Leben als solches ausmacht: Persönliche Gespräche, Menschen kennen lernen, voneinander lernen und das eigene Mütchen an den noch viel schlimmeren Zuständen anderswo kühlen.

Was diese Anekdote mit Eintracht Frankfurt zutun hat? Direkt gar nichts, indirekt kaum etwas, noch indirekter aber viel; denn ein Teil des Live-Video-Kongresses war es, bei Twitter die eigene Anwesenheit queasi mit Selfie zu dokumentieren. Und da sah ich nach dem Log-In dann, das ich fast auf den Tag genau vor drei Jahren letztmals Twitter – dieses Tool von Journalisten für Journalisten bzw. vom Akademikertum für das Akademikertum existierende – nutzte und auch zumindest mein letzter Eintracht-Inside-Blogbeitrag auch schon mehr als zwei Jahre (ohne den DFB-Pokalsieg noch länger) zurückliegt.

Rückblick: Ich bin im Mai 2016 Vater geworden und irgendwann zehren die vielen Baustellen des Lebens einen einfach auf, der mitunter täglich befüllte Eintracht-Blog musste als bewusste Entscheidung von mir aufgegeben werden.Der letzte Gerade-so-Nicht-Abstieg – das war der Drahtseilakt gegen den 1. FC Nürnberg in der Relegation – markierte nach Jahren des Blogger-Daseins bekanntlich eine Art „Abschluss“ für mich. Nun also reifte, wenige Tage vor dem „Bundesliga“spiel der SGE in Wolfsburg der Gedanke, die eingerosteten Blogger-Knochen wieder aufzuwärmen. Vielleicht nur für einen, also diesen Beitrag, vielleicht für mehr Analyse, Meinung oder gar regelmäßigeren Content. Was ich sagen kann: Ich habe nur das Bloggen eingestellt, nicht das Eintracht-Verfolgen (= Eintracht-Verfluchen, Eintracht-Vergöttern). Obgleich, so viel Ehrlichkeit muss sein, nicht mehr mit der Emotionalität früher Tage. Spätestens ein eigenes Kind lehrt einen dann eben doch, was und wofür Energie wichtig/unwichtig ist. Dafür bauchte es zumindest bei mir keine Corona-Sinnsuche. So dann, genug der Vorrede, wir haben ja noch was vor uns.

Wolfsburg – das beginnt mit Gladbach. Mit Bayern. Und all den vorangegangenen Wochen, Monaten, Spieltagen die meist eher Blamagen als Bundesliga-Augenhöhe waren. Trainer Adolf Hütter stolperte mit seiner Truppe streng genommen schon die ganze Saison, gar saisonübergreifend von einer Misere in die nächste, üble Kicks folgten auf schaurige Auftritte, was in einem 0:3 gegen den FC Basel – den FC Basel ! – gipfelte. Völlig egal welches Personal auflief, es sah und ging meist gleich schlecht aus. Die Corona-Unterbrechung, da waren sich die meisten im März wohl einig, kommt für Eintracht Frankfurt einem Fußballgott-Geschenk gleich. Und dann, die Überspiel-Ausrede griff nicht mehr, plumpste die SGE im Mai mit genauso blutleerem und vor allem einfallslosem Gewürge in die Bundesliga zurück.

In Wolfsburg war das so anders dann eigentlich auch nicht. Mit Fußball hatte das meist wenig zutun, nach vorne fand man praktisch nicht statt und nach hinten wirkte alles wie auf Kante genäht – eine Unachtsamkeit, der Rückstand und das Kartenhaus wäre in sich zusammengefallen. Aber das passierte nicht beziehungsweise es gab Kevin Trapp, der zwei, drei Mal entscheidend parierte. Vor allem passierte in diesem Spiel, in einem Stadtion aus dem man gefühlt stets mit leeren Händen abreist, etwas anderes: Die Spieler gingen konzentriert vor, das war zwar alles ideenlos und ohne Zug zum Tor, aber immerhin hielt jeder die Konzentration aufrecht und hielt deshalb auch köperlich dagegen. Die sinnbildliche Szene war die von Lucas Torro, der spät im Spiel zwei sehr kluge Fouls beging, dafür zwar Gelb-Rot sah, aber so zwei Angriffe unterband die durchaus Gefahrenpotential hatten.

Überhaupt und nach Monaten der halbgaren Rotation, Experimenten ohne Verbesserung scheint nun spät, sehr spät eine Mannschaft gefunden, mit der man zumindest das Minimalziel Klassenerhalt erreichen konnte. Mit Makoto Hasebe steht und fällt seit langem vieles, er muss einfach als Libero in dieses Team. Dazu haben mit David Abdraham und Martin Hinteregger zwei Spieler gezeigt, dass sie Innenverteidiger waren, sind und bleiben sollten. Dieses sinnfreie Verschieben, wie Ndicka (gegen Hertha ebenso gut und erfolgreich zurückgekehrt wie der völlig fallengelassene Danny daCosta) von Innen nach Außen muss endlich ein Ende haben; das tut weder Spieler noch Team gut. Ebenso die Nibelungentreue zu Spielern wie Almany Touré und Stefan Ilsnanker sind Fehler gewesen. Daran ändern auch ein, zwei gelungene Aktion pro Spiel nichts.
Die 6er-Problematik, also wer neben dem zurecht gesetzten Sebastian Rode aufläuft, hat sich auch spät in der Saison erst geklärt: Dominik Kohr macht nun das was er machen soll: den Gegnern den Schneid abkaufen. Und mehr: Er beteiligt sich nun am Offensivspiel. Bis dato krankte die zentale Vorwärtsbewegung spürbar,dort hängt alles eher am fußballersich immer schon etwas hemdsärmeligen Rode. Jeder Hemdsarm ist indes besser geeignet als Millionen-Grab D.Sow. Und besagter Lucas Torro? Keine Ahnung, das ist weiterhin Kategorie unsicht- und damit irgendwie unbewertbar.

Einen rechten Offensiv-Flügel hat es in dieser Saison praktisch nicht gegebn, weder vor der Winter-, noch nach der Corona-Pause. Dort verdingten sich schon viele, in Wolfsburg war es ein blasser Timothy Chandler. Besser blass als schlafwandelnd, mag man angesichts so manches Bolzens von Toure sagen. Danny daCosta hat dann gegen Berlin aber gezeigt, wieso er mal Immerspieler war. Filip Kostic, er ist sicher in der Stammformation noch am ehesten Corona-Pausen-Verlierer; aber das sei ihm nach so vielen Monaten als einzig dauerhaft tauglicher Offensivspieler auch leicht verziehen.

Es ist ziemlich simpel, was in der nun Klasse gehaltenen Saison 2019/2020 das Problem war und ist: Die Zahl derer, die den Ball lieben, ist in diesem Team einfach zu klein. Mijat Gacinovic bringt neben dem Kampfgeist nicht sonderlich viel spielerisches Element auf die Platte, Daichi Kamada ist noch zu punktuell und körperlos untwerwegs und wenn man noch André Silva als einzigen wirklich prägenden Faktor hineinnimmt, ist es mit der Aufzählung der Ballfreunde im Team auch schon vorbei.

Die Fehler sind nach dem Millionenrausch, den Verkäufen von Jovic, Haller und Rebic gemacht worden. Man hat es nicht nur fehl-investiert, man hat den Kader insgesamt völlig dysfunktional zusammengestellt. Daran tragen Adi Hütter und Fredi Bobic gleichsam schuld; vor der Saison vor allem der „Manager des Jahres“ und zwischen Saisonbeginn und Winter – Stichworte Eindimensionalität samt Dauermisere und Ilsanker – eben Hütter.

Es stellt sich aber ohnehin schon seit Wochen die Frage, wie die SGE 2020/2021 personell ausschauen sollte. Denn nach dieser wahrlich nicht guten, auch nicht durchschnittlichen, sondern nur von 2,3 Kraftakten/Zwischensprints getragenen Saison, ist unklar wer die Säulen sein sollen.
Kevin Trapp, klar. Bei Martin Hinteregger und Makoto Hasebe dürfte das schon mit mehr Fragezeichen verbunden sein, denn es braucht schlichtweg in der Abwehr, alleine aus Spieleröffnungsgründen mindestens zwei neue Spieler mit einer gewissen Solidität und vor allem Geschwindigkeit. Im Mittelfeld wird man dringend die Flügel bestücken müssen, rechts unbedingt. Links bei Kostic-Abgang hochwertigst und bei einem Verbleib zumindest so, dass er nicht mehr die einzige Waffe bleibt. Auf der Sechserposition ist das ähnlich: Mindestens ein Spieler der Güteklasse B wird benötigt, das Modell mit zwei Spielern der Gattung Kämpfer/Rammbock – Rode und Kohr – reicht dann für einen Klassenerhalt irgendwo zwischen Rang 15 und 11, aber wenn man ernsthaft dauerhaft um die Ränge 6 / 7 im Geschäft sein will, muss da etwas „Feingliederiges“ geschehen.
Und im Sturm, da war diese unsägliche Jovelic-Leihe nach Belgien eine der typischen grotesken Frankfurter Fehlentscheidungen. Was er ab Spätsommer bringen kann, weiß keiner. Aber dass er über die Nummer 3 / 4 hinauskommt, ist erstmal nicht zu erwarten. Silva, den man als kompletteren Rebic unbedingt dauerhaft halten sollte, ist da der Eckpfeiler. Daneben? Dass Dost und Pacienca diejenigen welchen sein könnten, die für das Level „einstellige Tabellenplätze aufwärts“ die richtigen sind, fällt erstmal schwer zu glauben. Aber: Würd das Mittelfeld nicht so einbeinig – also Kostic – aufgestellt sein und Chancen herausgespielt werden können, sind alle genannten in der Lage häufig genug zu knipsen. Dost mit einer Nicht-Verletzungs-Vorbereitung, das könnte schon noch reichen. Er bringt das mit, sah man beim Ausgleichstor gegen Berlin. Das war ein Tor, das man so in Frankfurt lange nicht erzielte, ein so klassisches Mittelstürmer-Tor, das man es fast schon vergessen hatte.

Long story short: Mind. ein Innenverteidiger, zwei Außenmittelfeldspieler, ein Sechser, ein Stürmer müssen her.

Ayman Barkok könnte in diesem Kontext aus Düsseldorf zurückkehren, er wäre sicher einer, der im Mittelfeld mittlerweile eine stabilere Rolle spielen könnte und ein kostenneutraler Zugewinn für das Offensivspiel wäre. Bei D. Sow als Sechser wird man, ähnlich wie bei Stürmer Dost auf eine verletzungsfreie Vorbereitung hoffen um den Effekt zu bekommen, den man sich schon ein Jahr früher erwartete.
Abgesehen davon, dass die wenigen namhaften Spieler ohnehin auf den Zetteln vieler stehen werden, passen sie auch nicht so recht ins SGE-Profil: Janik Haberer (zentrales Mittelfeld, SC Freiburg) noch eher als Robin Knoche (Innenverteidiger, VfL Wolfsburg). Zum „Wildern“ bei den Absteigern, wohl Paderborn und Düsseldorf gibt es nicht all zu viel Personal. Aber es gibt sie, speziell bei Düsseldorf: Erik Thommy – wenn auch von Stuttgart mit Kaufoption geliehen – auf Linksaußen als Kostic-Alternative. Kenan Karaman dann als sicherlich eher Zentral- denn als Linksstürmer.

Neben Gelson Fernandes, Frederik Rönnow und Jonathan deGuzman, evtl. ja auch der in England kickende holländische Außenverteidiger, dessen Namen ich vergessen habe und dessen Auftritte in Frankfurt ich nie vergessen konnte, dürften auch ein, zwei andere das Team eher verlassen. Erik Durm, kurioserweise noch ewig vertraglich gebunden, ist sicher der erste Wechselkandidat. Was man sich von Leuten wie Cavar und Zalazar verspricht, bleibt für unsereinen sicher unergründbar.

Alles in allem hat der Kader schon jetzt ein gewisses Fundament, aber es fehlt ihm A) die Dynamik, die Quickness und B) die Stabilität. Letzlich auch, zumindest im Mittelfeld die Tiefe, zumal für (künftig ja nicht mehr) lange Saisons. Die Neuzugänge 2020/2021 müssen diesmal jedenfalls in dem Maße sitzen, wie sie es 2019/2020 nicht taten.

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Keine Feier ohne Meier

Alexander Meier erhält keinen neuen Vertrag bei Eintracht Frankfurt – und dieser Verein treibt die personelle Entfremdung immer weiter voran.

Unter Fredi Bobic ist der personellen Beliebigkeit keine Grenze mehr gesetzt. Geht A, kommt B. So ist es eben nicht mehr der Klub, der mir ans Herz wuchs, Pokalsieg hin, Pokalsieg her.

Es ist der richtige Zeitpunkt für Abschiede. Irgendwann wird auch dieser Trend enden, dann steige ich sicher auch wieder intensiver ein. War schön neulich am Paulsplatz, fast so schön wie tags zuvor vorm TV. Aber das ist nun so Vergangenheit wie Alex Meier. Wie ein gewisser Marius Wolf. Wie bald Marco Russ.

Viel Erfolg den Verbliebenen; auf dass ihr schnell viele neue Namen und Gesichter lernt. Und Sprachen. Dieses Jahr, dann nächstes Jahr. Übernöchstes. Es geht immer weiter.

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Once in a lifetime

Niederlagen. Wie viele Niederlagen habe ich gesehen! Jahrelang von Marburg, gar von Rostock aus nach Frankfurt gefahren, 1. Liga, 2. Liga – mal gegen Schalke mal gegen Reutlingen, mal 10. nal 17. in der Tabelle. Mal mit, mal ohne Dauerkarte. Und just in dem Jahr, da ich Eintracht Frankfurt bewusst den Rücken kehre, und da ich bewusst das vielleicht fünfte, sechste Saisonspiel sehe, geht der Traum in Erfüllung. Eintracht Frankfurt gewinnt einen Titel. Einen echten, keinen Fuji-Cup oder das Hallenmasters, sondern einen realen mit Wert. Un. Fucking. Fassbar. Einmal pro Leben wird ein Adler sowas erleben (dürfen). Und wir, Freunde und Kritiker, Lover and Hater, wir waren/sind es, die das erleben durften. Wir, die Unglücklichen sind plötzlich zu den Glücklichen geworden. Abstieg? Aufstieg? Jetzt ists egal, selbst in der Oberliga Hessen kann uns das keiner mehr nehmen. Nicht den Titel, nicht den Erfolg, nicht die Emotion, nicht das Erlebnis.

Eine ganze Fan- wie Spielergeneration hat nun das erreicht, was den Yeboahs, Okochas, Beins nie vergönnt war. Die Russ, Meiers, Chandlers, Hasebes, Abrahams und Rebics haben das von Jupp Heynckes einst zerstörte Versprechen eingelöst. Ihnen ist unverhofft die Rache am Dämon, an der Geißel unseres Vereins geglückt. Osram ist Geschichte, ein für alle mal.

Aber nein, von Häme halte ich nichts. Im Gegenteil, ich verachte sie. Denn es war ein extremst duseliger Triumph der SGE gegen Bayern München. Die beiden Lattentreffer, drei Hochkaräter die durch den Fünfer flogen, ein nicht-gegebener Elfer, der so foul war wie Foul foul sein kann: Dusel und Effizenz haben dieses Wunder, ja; Wunder bewirkt. Und eben weil das so ist, darf, soll und muss unsere Freude, müssen unsere Emotionen explodieren. Aber Häme und Sarkasmus? Nein, das ist mehr als unangebracht.

Denn streng sportlich genommen, war Eintracht Frankfurt vergangene Saison näher, verdienter am Pokalsieg.Verdient hin, verdient her – wie oft ist man am kurzen Ende dieser Skala gelandet? Ich erinnere etwa an das Uefa-Cup-Spiel gegen den FC Porto. Oder das Pokalfinale vor mehr als zehn Jahren gegen Bayern München, als Oliver Kahn nur versehentlich den Kopfball von Ioannis Amanatidis pariert. Vielleicht ging man ja vergangenes Jahr oder damals schon beim Fußballgott, den Fußballgöttern in Vorleistung.

Apropos Fußballgott: Ja, Alexander Meier hätte in den Kader gesollt. Aus mehr als emotionalen Gründen. Aber er ist so entschädigt worden, wie vor ihm wohl kein anderer Spieler eines Underdog-Vereins. Er, das Gesicht und der beste Fußballer dieses Vereins hievte den Pokal in die Luft. Etwas, das all den 90er-Jahre-Ikonen nie vergönnt war. Er hat es erreicht. Und auch für ihn gilt: Er ist für diesen Triumph in Vorleistung gegangen; und hat nun einen Abschied bekommen, der märchenhafter kaum sein könnte. Das Bundesligator, nun der Pokalsieg. Das ist der perfekte Schnitt für Alex Meier, in Frankfurt hat er tatsächlich nun alles erreicht, was ein Fußballer erreichen kann. Letzenendes sogar dank Niko Kovac, einem Trainer, der ihn sportlich oft eher geringschätze. Sei es drum. Jetzt der Schritt in die USA? AM14FG wäre es zu gönnen. Runde Sache, runde Karriere. Vielleicht sogar die perfekte Karriere; und wäre ein anderer Charakter Bundestrainer als der, der es ist, hätte ein Meier auch in der Nationalmannschaft seine Einsätze bekommen.

Und Marco Russ? Für ihn gilt eigentlich ähnliches. Sportlich gibt es ja viele Parallelen zu Meier, die beiden sind untrennbar mit der „neuen Eintracht“ ab 2004/2005 verbunden. Russ hat die Krebserkrankung überstanden. Und ist jetzt Pokalsieger. Was könnte man mehr wollen? Für ein paar Uefa-Cup-Spiele eventuell nochmal und weitermachen? Für etwas, das er zumindest schonmal erleben durfte? Auch für ihn wäre nun die große, goldene Tür für das Karriereende geöffnet. Wenn nicht, auch gut, einen wie ihn braucht es als Gesicht. Als Typ.

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Nach der Römerfeier geht es hier weiter. Mit einigen Worten zu Kovac und zu den Gründen, wieso dieser Blog dann wohl tatsächlich komplett dichtmachen wird. Stichwort: Besser kann es nicht werden.

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Größe

Ich weine. Es ist unfassbar. Ich, wir erleben einen Titel für Eintracht Frankfurt! Samt toller Geste für Alex Meier. Das war Größe auch des Trainers.

Bis Sonntag aufm Römer!

PS: Nein, ich nehme von einstigen Aussagen nichts zurück. Aber ich gestehe ein, dass das heute einmalig war und diese Einmaligkeit auch durch Trainer Niko Kovac erreicht wurde. Und das Pokalhochheben mit Meier – eine tolle tolle tolle Szene. Und wohl das Ende einer Dynastie. Danke, Alex! Unvergessen 4 ever!

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Nackt

Und ganz zum Schluss der Bundesligasaison 2017/2018 steht der kroatische Kaiser ohne Kleider da. Der nackte Niko. Wie sich dieser Mann, wie sich dieser Trainer selbst ausgezogen hat – das sucht seines Gleichen. Niko Kovac wird man in Frankfurt charakterlich auf einer Stufe mit Jermaine Jones stellen müssen. Ein Lügner, ein Heuchler. Das wusste man nach dem „Stand jetzt“-Slapstick nun seit einigen Wochen. Damals gab es und konnt es nur die Befürchtung geben, dass diese Nummer Eintracht Frankfurt implodieren lassen wird. Genau so ist es gekommen. Also ist Kovac nicht nur ein Lügner, er ist damit, mit dem Kaputtmachen einer Mannschaft dem Jupp Heynckes der 1990er näher als dem SGE-Fan lieb sein kann.

Mit dem teuersten Kader der Vereinsgeschichte trudelt die Kovac-SGE also auf Rang 8 ein. Beinahe gar auf der 9. Eine Leistung, ein Ergebnis, das vor Kovac schon einige erreichten, nach ihm erreichen werden. Armin Veh hat das vollbracht. Friedhelm Funkel. Selbst das Trainerimitat Michael Skibbe. Also alle Trainer die seit 2004 für eine Weile das Sagen hatten. Für das Feuerwehrmanndasein gilt ähnliches, auch das schafften vor Kovac einige, nach ihm wird das anderen auch gelingen. In Kovac wurde aber von vielen, wieso auch immer, das Besondere gesehen. Der smarte Kerl, Denker und Werteverfechter, ein telegener Typ der sogar Spiele gewinnt! So schien es. Aus dem schönen Schein ist nicht mehr geworden als Durchschnitt. Die Ratten sind dem Rattenfänger hinterher gelaufen, die Lemminge purzelten den Abhang hinunter.
Und das trotz der Millionenausgaben, trotz der Investition in maximale Internationalität in Abgrenzung zu Identität. Hat es sich also bewahrheitet, dass Eintracht Frankfurt sich ein seelenloses Sammelsurium an Spielern zusammengekauft hat. Irgendwelche Leute aus irgendwoher. Und als es dann nicht mehr wie von selbst lief, als auch der letzte Gegner den 60-Minuten-Kraftfußball als solchen erkannte hatte, als das Leistungsloch da war, haben sich viele Spieler in das Schicksal ergeben. Und so schlurft man als einstmals Tabellenzweiter kollektiv zu Rang 8. Das ist so oder so ähnlich alles schonmal passiert. Nur eben für billiger Geld.

So oder so gibt die Eintracht-Führungsriege – nicht zum ersten Mal – ein peinliches Bild ab. Am Trainer festzuhalten, obwohl dieser in mehrfacher Hinsicht vereinsschädigend agiert hat und der sportliche Trend eindeutig war/ist, ist grotesk. Dass Bobic seinen Balkangenossen Kovac nicht entlassen hat, ihn nicht entlassen wird, hängt vor allem mit dem Vertrag, mit der Ausstiegsklausel, mit den im Entlassungsfall wohl ausgeschlossenen Transfereinnahmen zusammen. Klausel hier, Klausel da – das ganze Elend hat mit Bruno Hübner begonnen und geht offenkundig endlos weiter.

Jetzt sedieren sich große Teile der Fanschar erneut mit dem Erreichen des DFB-Pokalfinals. Als ob schon die Reise nach Berlin etwas Zählbares, als ob das der sportliche Erfolg wäre. Zum zweiten Mal in Folge erhielt Eintracht Frankfurt in der jewieligen Runde das einfachste, das einfacherere Los. Und wird gegen Bayern München natürlich alles mobilisieren – und eben doch verlieren. Schulterklopfen. Warme Worte. Kein Titel, kein Europa. An der Gesamtschau, an der Gesamtbilanz der Saison ändert das Pokalfinalerreichen jedenfalls nichts. Wenn man irgendwann in der Rückrunde auf Rang 2, auf Rang 3 stand und ein Punktepolster von acht, neun Zählern auf den ersten Nicht-Europapokalplatz aufwies, ist alles andere als eine Europapokalqualifikation eine Enttäuschung. Die SGE ist wieder mal abgestürzt, wie stets in einer Rückrunde. Diesmal nur eben nicht von 8,9 oder 10 auf 14,15 oder 16, sondern von den Finanz-Futtertrögen in die Holzklasse samt Holzmedaille. Strukturell ist dasselbe passiert, was immer passiert: Luft einmal raus, wird nie wieder Luft reingepumpt.

Und es hat nur Minuten gedauert, da sagten die Bobics, Hübners, Hellmanns, Fischers und Kovacs Sachen wie, dass man doch eigentlich eine ruhige Saison spielen wollte. „Einzigartig“ sei das gewesen, sagte Kovac gar. Man habe „overperformed“. Dazu: siehe oben. Die Sachen, die in den nächsten Stunden und Tagen gesagt werden, sind dann noch DInge wie: Dass man das jetzt erreichte Ergebnis vor der Saison mit Kusshand genommen hätte. Dass man also alles und mehr erreicht habe und man doch als Fan und Beobachter dankbar für das Gezeigte sein solle. Also all die Argumentationslinien, wofür Leute wie Heribert Bruchhagen – nicht zu unrecht – abgewatscht worden sind. Es kommt halt den meisten nicht drauf an, was jemand sagt, sondern wer es sagt.

Nun ist diese Spielzeit also vorbei. Und das Rad wird sich weiterdrehen, so wie immer. Spieler gehen, Spieler kommen. Trainer gehen, Trainer kommen. Mir persönlich ist dieses kindlich-trotzige, sich selbst den Zeit-, Geld- und Emotionsaufwand rechtfertigende „Aber wir Fans sind immer da und bleiben es“ einfach zu wenig geworden, sorry.

Hebt Alexander Meier, hebt Marco Russ in einer Woche dann doch den DFB-Pokal in den Himmel, werde natürlich auch ich kurze Zeit später auf dem Römer stehen und die Erfüllung meiner Fan-Träume feiern. Das wäre für das Profifußballverfolgen tatsächlich der Abschluss, den ich mir wünschen würde.

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